Eine schwarze Frau geht zur Polizei…
Posted: März 8th, 2020 | Author: #PolizeiAbschaffen-Kollektiv | Filed under: Polizei kriminalisiert | Tags: altendorf, cdu, essen, essq, grüne, institutioneller Rassismus, kai gehring, matthias hauer, polizei essen, rassismus, spd | No Comments »Nach der Anzeige gegen Essen Stellt sich quer, die auf die rassistischen Maßnahmen rund um Razzien im Stadtteil Altendorf hingewiesen hatten und der Unterstützung einer Nazi-Demo, die an der Alten Synagoge vorbeiziehen durfte, gibt es nun wohl wenigen Tage später einen weiteren Vorfall in Essen, den Anna Dushime auf ihrem Twitter-Account am 08.03.2020 öffentlich machte.
Eine 50 jährige schwarze Frau geht zur Polizei, um wegen Diebstahl Anzeige zu erstatten und wird von den Polizisten geschlagen. Ihre Kinder, die ihr zur Hilfe eilen wollen werden ebenfalls geschlagen und rassistisch beleidigt. Diese Geschichte macht mich so wütend. pic.twitter.com/nvok1OsSni
— Anna Dushime (@AnnaDushime) March 8, 2020
Die Polizei hat am 09.03.2020 nachmittags ein Statement zu den Vorwürfen veröffentlicht, in dem den Opfern Widerstandshandlungen unterstellt werden, mit denen der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt wird. Aus „Neutralitätsgründen“ habe die Polizei Bochum Ermittlungen aufgenommen.
Statement des Polizeipräsidiums Essen zu Vorwürfen rassistischer Gewalt durch Polizeibeamte
Hier geht es zur Pressemeldung:https://t.co/SESm1FktO8 pic.twitter.com/yRQuY0oCsa— Polizei NRW E (@Polizei_NRW_E) March 9, 2020
Der Fall ist aufgrund einiger aktuellen Fälle bei der Polizei Essen brisant:
- im Zusammenhang mit den Kundgebungen der Steeler Jungs Fotoverbot für Antifaschist*innen, einer rechtsradikalen Bürgerwehr im Stadtteil Steele sprach die Polizei ein aus: Bei der Demonstration will man Demonstranten ansprechen, die im Verdacht stehen, Neonazis zu fotografieren. Ein Blick auf die Kamera oder das Smartphone könne Abhilfe schaffen.
- die Informationspolitik der Polizei Essen vor der Nazi-Demonstration am 1. März in Essen war mangelhaft. Weder Presse noch Anwohner*innen wurden ausreichend informiert. Am Ende zogen 100 Nazis größtenteils ohne Gegenprotest durch die Essener Innenstadt und an der Alten Synagoge vorbei.
- die Stadt und die Polizei Essen gelten als Vorzeigemodell des NRW-Innenministers Herbert Reul, was die „Bekämpfung von Clankriminalität“ angeht. Regelmäßig finden in bestimmten Stadtteilen Essens Razzien statt. Das antirassistische Bündnis Essen Stellt Sich Quer hatte in einer einem Redebeitrag zum Anschlag in Hanau auf die rassistischen Kontrollen der Polizei hingewiesen. Daraufhin haben die Stadt und das Polizeipräsidium Essen eine Strafanzeige wegen Beleidigung gegen einen Verantwortlichen des Bündnisses gestellt. Dazu nahmen auch Wissenschaftler*innen der Universität Duisburg-Essen Stellung (!), die gegenwärtig im Stadtteil Altendorf forschen. Sie hätten das Vorgehen der Stadt und der Polizei „mit Verwunderung zur Kenntnis genommen.“ Dies gelte auch für Berichterstattung zur Angelegenheit.
Nach dem neuen Fall äußerten sich auch der CDU-MdB Matthias Hauer und Kai Gehring (Grüne). Arno Klare und Dirk Heidenblut (beide SPD) äußern sich bislang nicht.
Gestern hat @AnnaDushime in mehreren Tweets heftige Vorwürfe gegen die @Polizei_NRW_E erhoben. Die #Polizei hat detailliert Stellung genommen und weist die Vorwürfe zurück. Natürlich wird den Vorwürfen nun durch eine andere Ermittlungsbehörde nachgegangen. https://t.co/CkoaHQCnRU
— Matthias Hauer (@MatthiasHauer) March 9, 2020
Die Vorwürfe seien sehr weitreichend, schrieb Matthias Hauer und die Polizei solle ihre Sicht der Lage darstellen. Den Vorwürfen werde nun durch eine andere Ermittlungsbehörde nachgegangen. Kai Gehring forderte den Essener Polizeipräsidenten auf, eine öffentliche Erklärung zu den „im Raum stehenden Vorwürfen“ abzugeben.
#Rassismus bei der @Polizei_NRW_E? Zusammen mit @mostofiz habe ich den Essener Polizeipräsidenten Frank Richter angeschrieben, eine öffentliche Erklärung zu den im Raum stehenden Vorwürfen abzugeben. https://t.co/NlLB8RW0IS
— Kai Gehring (@KaiGehring) March 9, 2020
Die zivilgesellschaftliche Organisation mit den Schwerpunkten Partizipation, Migration und Vielfalt DeutschPlus bat die Angeordnete und Medien sich einzuschalten.
Wir verlangen Aufklärung @Polizei_NRW_E! Und bitten die Abgeordneten und Medien sich einzuschalten: @arnoklare @DHeidenblut @KaiGehring @rponline @WDRaktuell#Weltfrauentag #Polizei #Essen https://t.co/ah1KkBfctU
— DeutschPlus e.V. (@DeutschPlus) March 8, 2020
Die Sprecherin der Grünen Essen Gönül Eğlence schreibt, die rassistische Beleidigungen und Gewalt seien inakzeptabel, eine unverzügliche und lückenlose Aufklärung sei geboten.
Das sind harte Vorwürfe, die nicht einfach übergangen werden dürfen. Rassistische Beleidigungen und Gewalt sind inakzeptabel. Eine unverzügliche und lückenlose Aufklärung ist hier geboten. #Essen #Polizei https://t.co/QapfLEee3I
— Gönül Eğlence (@GonulEglence) March 9, 2020
Die Sprecherin der Grünen Fraktion im Landtag NRW für Innenpolitik und Strategien gegen Rechtsextremismus Verena Schäffer beantragte einen Bericht im Innenausschuss.
Rassistische Beleidigungen & Gewalt durch die Polizei sind inakzeptabel. Der Vorfall muss aufgeklärt werden. Auch im Interesse aller Polizeibeamt*innen, die täglich für unsere Grundwerte im Einsatz sind. @berivan_aymaz & ich haben dazu einen Bericht im Innenausschuss beantragt. https://t.co/v1KZ4zcd37
— Verena Schäffer (@schaeffer_nrw) March 9, 2020
Unbestätigtes Gesprächsprotokoll mit der Polizei Essen:
Anruf bei der @Polizei_NRW_E
„Gibt es bei der Polizei Essen ein strukturelles Problem mit #Rassismus?“
„Überhaupt nicht. Da gibt es paar Spinner, die da draußen rumlaufen und Unsinn erzählen. Und die Medien greifen sowas dann noch auf!“
Okay, schönen Tag 🤦🏻♂️ Auge @AnnaDushime
— Ario Mirzaie (@ArioMirzaie) March 11, 2020
Was ist institutioneller Rassismus?
Institutioneller Rassismus ist “das kollektive Versagen einer Organisation, für Menschen bezüglich ihrer Hautfarbe, Kultur, Religion und ethnischen Herkunft [oder Zuschreibung] geeignete und professionelle Leistungen und Angebote zu erbringen. Er lässt sich in Prozessen, Einstellungen und Verhaltensweisen festmachen, welche auf eine Diskriminierung hinauslaufen und durch unbewusste Vorurteile, Ignoranz, Gedankenlosigkeit und rassistische Stereotypen, die oben genannten Personen individuell oder kollektiv benachteiligen.“
Medienspiegel
In einem RTL-Beitrag gibt es weitere Details zu den Geschehnissen.
Neues Deutschland, Schläger in Uniform
islamIQ, Rassistische Gewaltvorwürfe gegen Essener Polizei
Der Spiegel, Frau will auf der Wache Anzeige erstatten – und berichtet von Polizeigewalt
Stand: 11.03.2020, 20:44Uhr – dieser Beitrag wird laufend aktualisiert. – Hat dir dieser Beitrag gefallen und du möchtest #1WeltOhnePolizei unterstützen, dann tue das gerne auf Patreon.