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Jetzt wird’s schmerzhaft: was die Petition für eine Studie zu Racial Profiling tatsächlich bringt

Posted: August 16th, 2020 | Author: | Filed under: In der Politik, Racial Profiling | Tags: , , , , | No Comments »

„Mit der Petition wird die Durchführung einer Studie zum „Racial Profiling“ bei den Polizeibehörden des Bundes und der Bundesländer gefordert.“ Fordern kann 1 viel. Die Petitionsplattform des Bundestages ist genau dafür gemacht: Forderungen. Diese können hier vorgestellt und bis zur willkürlichen Marke von 50.000 Unterstützer*innen hoch und in den Bundestag gevotet werden.

Der Clou: die Forderungen beinhalten keinerlei Verpflichtungen für das hohe Haus. Und so wird das Ergebnis der erfolgreichen Petition keinesfalls die Einführung bundesweiter Studien in allen 19 Polizeibehörden sein. Kein Schritt zu mehr Transparenz für Polizeien, sondern besonders für Betroffene wird es ein sehr schmerzhafter Moment werden.

CDU und SPD werden die Initiative platzen lassen

Die Euphorie über den Erfolg der Petition ist trügerisch. Damit auf eine erfolgreiche Petition auch eine legislative Umsetzung folgt, braucht es – sofern die Petition nicht vorher aufgehalten wird – eine Mehrheit im Bundestag. Das Erreichen des Quorums bedeutet lediglich, dass das Parlament sich mit der Forderung der Petition „befassen“ muss. Und damit dürfte der Erfolg im Bundestag bescheiden ausfallen: für einen Erfolg braucht es Stimmen der Groko aus SPD und CDU. Und da die Rassismus-Studie im Dunstkreis der Polizei-Lobby als Angriff auf die Polizei verstanden wird, wird genau hingeschaut werden, wer die Initiative unterstützt.

Der Bundesinnenminister (CSU) hat den Vorschlag bereits im Juli nicht nur platzen lassen. Seehofer hat dazu – quasi in typischer Polizei-Manier – aus der „Anzeige“ eine „Gegenanzeige“ gemacht und eine Studie zu Gewalt auf Polizist*innen in Erwägung gezogen. Wenn nichts wirklich Ungewöhnliches passiert, dürften die Unionsparteien klar und geschlossen gegen die Studie stimmen. 

Für die SPD wird der Umgang mit der Petition wesentlich schwieriger: Eigentlich wäre deren Inhalt ideal dazu geeignet, an RRG zu schmieden und das Potential einer „linken Koalition“ sichtbar werden zu lassen. Doch die Position der SPD zur Polizei in letzter Zeit lässt die Hoffnung schwinden, dass die Fraktion das Anliegen tragen wird. Saskia Eskens zaghafte Versuche, mehr Kontrolle für Polizei zu fordern (z. B. nach Silvester in Leipzig) wurden nicht zuletzt durch ihr eigenes Zaudern nach Kritik torpediert. Der Besuch einer Polizei-Kaserne dürfte die Kapitulation vor den Reaktionären ihrer Partei darstellen.

Struktureller Rassismus bei der Polizei in der SPD ein Tabu

Wer beim Kampf gegen strukturellen Rassismus die Polizei ins Visier nimmt, wird in der SPD für dumm erklärt. Das Problem wird in Scholz-G20-Manier weggeredet. An ihrer Chefin statuierte die SPD ein Exempel: „Wer die Polizei kritisiert, wird demontiert.“ Das wirkt. Als die Petition in den letzten Tagen auf Twitter gepusht wurde, klinkte sich die SPD-Fraktion komplett aus.

So wird die Initiative bei den kleinen Oppositionsparteien liegen. Das ist beschämend, denn so bleibt es maximal bei einem symbolischen Zeichen, wenn die Petition im Bundestag durchfällt. Bitter für Betroffene, aber vielleicht ein wichtiges Signal für alle Wähler*innen.


Rassistische Stigmatisierung: Polizei Berlin beim Frisör

Posted: Januar 19th, 2020 | Author: | Filed under: Racial Profiling | Tags: , , | No Comments »

RassismusMit rassistischen Unterton und fragwürdigen Details aus einem Großeinsatz rühmt sich die Polizei Berlin. Bestimmte Gewerbe werden im Beitrag der Polizei gezielt stigmatisiert.


Breitscheidplatz reloaded oder wenn die Polizei „sensibel reagiert“

Posted: Dezember 23rd, 2019 | Author: | Filed under: Racial Profiling | Tags: , , , | No Comments »

Polizei und Terror

250 Polizisten und Spürhunde, ein evakuierter Weihnachtsmarkt in Berlin. Zwei Menschen kommen vorübergehend in Gewahrsam. Panik in den sozialen Netzwerken und einigen übereifrigen Medien. Nach einer mehrstündigen Suchaktion stellt sich heraus: Fehlalarm. Was war passiert? Nach der Aktion rechtfertigt die Polizei das Vorgehen. Eine Sprecherin nennt das Handeln der Polizist*innen „sensibel.“ Berlins Innensenator Andreas Geisel unterstützt den Einsatz einem abschließenden Ergebnis vorauseilend. Der Einsatz habe gezeigt, „dass sich unsere Sicherheitsbehörden nicht im Routinemodus befinden und weiter wachsam sind“. Die Angaben der Polizei sind noch spärlich. Aber auch die wenigen Informationen zu dem Fall, deuten auf fragwürdiges Verhalten der Polizei hin.

1. „Verdächtiges Verhalten“ – Racial Profiling out of control?

Die Geschichte beginnt mit zwei Personen, die „verdächtig am Breitscheidplatz verhielten.“ Zunächst ist unklar, was die Menschen verdächtig macht. Der Eindruck drängt sich aus den Tweets der Polizei Berlin auf, das der Auslöser für die Maßnahmen ein Racial Profiling war. Auch die spätere Pressemeldung räumt diese Vermutung nicht aus. Dort heißt es: 

Uniformierte Polizeikräfte bemerkten gegen 18.45 Uhr zwei Männer, die sich sehr zügig von dem derzeit am Breitscheidplatz stattfindenden Weihnachtsmarkt entfernten und hierbei andere Besucherinnen und Besucher des Marktes anrempelten sowie beiseite drängten. Die Polizeikräfte entschieden sich dazu, die beiden Personen in der Tauentzienstraße zu überprüfen.

Es gibt Vermutungen, dass die Männer schon vorher beobachtet wurden. Auch wenn Racial Profiling in Deutschland eigentlich illegal ist, sind äußere Merkmale bei Weihnachtsmarktbesucher*innen die einzigen Anhaltspunkte für Polizei, um Menschen zu kontrollieren. Es liegt nahe, dass in einer Gesellschaft voller strukturellem Rassismus verschiedene Menschen unterschiedlich betroffen sind. Sicherheit für die einen bedeutet Unsicherheit für alle anderen.

2. Wieder ein Fehler beim ID-Verfahren

Während auf dem Breitscheidplatz eine mulmige Ungewissheit herrscht, werden die Personalien der beiden festgehaltenen Männer überprüft. Dabei unterlaufen der Polizei Fehler, die dazu führen, dass der Weihnachtsmarkt geräumt wird. In der Polizeimeldung liest sich das so:

Im Rahmen der Überprüfung ergaben sich anfänglich Hinweise auf eine internationale Fahndung in islamistischem Kontext. Darüber hinaus haben beide Männer salafistischen Bezug.

Was ist ein salafistischer Bezug? Das ist noch sehr schwammig, wie die spätere Aussage eines Polizeisprecher, die beiden gehörten dem „salafistischen Spektrum“ an.

Was wie sich nach einem harmlosen Fehler anhört, ist tatsächlich lebensgefährlich. Wie Menschen auf Gewahrsam reagieren und was ihnen dort widerfährt, lässt sich nicht kalkulieren. In 2018 starb ein syrischer Geflüchteter in Nordrhein-Westfalen nach einer Verwechslung in Gefangenschaft unter zweifelhaften Umständen. 

Auch in einem anderen Fall in Neukölln führte der fahrlässige Umgang mit dem Namen eines von rechtem Terror Bedrohten durch die Polizei zu einer gefährlichen Situation. 

3. Medienarbeit

Sensibel war leider auch nicht die Informationspolitik der Polizei. Bis zum Ende der Maßnahme hielt die Polizei alle Meldungen offen und öffnete damit das Feld für Spekulation. Bild, Sun und andere spekulierten dementsprechend fleißig. Um 8.22 Uhr schreibt die Polizei den ersten Tweet. Und der ist bereits handwerklich schlecht: „möglicherweise verdächtig“ ist eigentlich alles. Damit ein Weihnachtsmarkt geräumt und eine Bahnstation gesperrt wird, sollte doch zumindest ein Hinweis auf einen verdächtigen Gegenstand vorhanden sein.

Danach folgt stückchenweise mehr Information. Erst als die Suche nach dem Gegenstand beendet ist, gibt es Entwarnung und auch die bleibt ziemlich offen („Ein gefährlicher Gegenstand wurde nicht gefunden.“ Ist er dann bloß gut versteckt?). Auf die Spekulationen die zu der Zeit im Umlauf sind, geht die Polizei nicht ein.

Dass es auch anders gehen kann, zeigte die Polizei Münster rund um den Anschlag am Kiepenkerl im April 2018. Die besonnene Kommunikation war für viele Medien zuerst irritierend, stellte sich aber als richtig heraus, um die Spekulationen im Keim zu ersticken. In mehreren Tweets bat die Polizei darum, Spekulationen zu vermeiden. Die Polizei in Berlin tat das nicht – im Gegenteil. 

Warum das vorauseilende Rückenstärken der Polizei gefährlich ist

Wenn Politiker*innen jetzt die Polizei für den Einsatz am Breitscheidplatz loben, führt das wohl eher nicht dazu, dass die genannten Fehler nicht aufgearbeitet werden. Klar ist es angenehm sich in Sicherheit zu wähnen, in einem Zustand die Polizei Menschen ansieht, wenn sie einen Terroranschlag planen und so die Sicherheit der meisten gewährt ist. Gerade die Abläufe, die zu dem Fehlalarm in Berlin führten, bergen eine große Gefahr für bereits marginalisierte Gruppen, z. B. Menschen, die PoC oder muslimischen Glaubens sind. Eigentlich reicht schon ein Name, der nicht Müller oder Meyer lautet, um eine andere Behandlung durch Polizeibeamt*innen zu erhalten. Nennt sich struktureller Rassismus.

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