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Arbeiter_innen feindlich seit über 150 Jahren – die Polizei

Posted: Juni 9th, 2021 | Author: | Filed under: Aktuelle Einsätze, Entmachten, Polizei kriminalisiert | Tags: , | No Comments »

Solidarität mit Santiago

Als ihr Kollege Santiago am 9. Juni ungerechtfertigt gefeuert wird, legen ca. 50 Mitarbeiter_innen des Lieferdienstes Gorillas in Solidarität den Dienst nieder. Sie fordern die Wiedereinstellung von Santiago und setzen ein Ultimatum für 19:50 Uhr. Als das Ultimatum verstreicht blockieren sie ein Warenhaus von Gorillas in Berlin. Deutschlandweit solidarisieren sich Menschen mit der Aktion. Der Arbeitgeber ruft die Polizei, die umgehend anrückt und beginnt, die anwesenden Menschen einzuschüchtern. Angeblich wird auch ein Gorillas Manager handgreiflich. 
 
Wer die Geschichte der Polizei kennt, fühlt sich durch diese Ereignisse wie auf eine Zeitreise versetzt, denn ihren historischen Ursprung hatte die Polizei in der Kontrolle der arbeitenden BevölkerungMit dem Beginn der industriellen Revolution entstanden im 19. Jahrhundert Fabriken und Großbetriebe mit stetig wachsenden Belegschaften. Ausbeuterische Löhne und Arbeitsbedingungen führten dazu, dass sich Arbeiter_innen organisierten, sowohl innerhalb der Beitriebe als auch in Gewerkschaften. Streiks, Proteste und Arbeiteraufstände wurden regelmäßig durch die Polizei niedergeschlagen, Rädelsführer_innen verhaftet und Protest kriminalisiert. Dieses geschah stets im Namen der öffentlichen Ordnung, was allem voran die Durchsetzung der privaten Eigentumsordnung beinhaltete
 
Die Polizei steht heute wie damals immer auf Seite der Arbeitgeber, und diese Haltung war auch heute im Handeln der Berliner Polizei unverkennbarAuch wenn die Beamt_innen dabei vermeintlich nur „ihren Job machen“ ist dieser Beruf eben etwas sehr besonderes. Eine Kernaufgabe der Polizei  auch in demokratischen Staaten  ist es, durch die Durchsetzung von Gesetzen das Funktionieren von Produktionsstätten und den Fortbestand der kapitalistischen Wertschöpfung zu gewährleisten. Dabei kann die Polizei notfalls auch mit Gewalt vorgehen und die Selbstorganisation und Interessenverfolgung von Arbeiter_innen unterdrücken. 
 
Warum ist das wichtig? Weil in dieser Gesellschaft die meisten Menschen glauben, dass die Polizei existiert, um Verbrechen aufzuklären und Bürger vor Gewalt zu schützen. Darüber, dass die Polizei ständig wie auch im vorliegenden Fall die legitimen Rechte von Arbeiter_innen verletzt, wird nicht gesprochen.
 
Am Donnerstagmorgen geht es weiter.
 
Hier gibt es mehr zur Selbstorganisation der Gorillas Workers:
 
Mehr zu den Arbeiter_innen feindlichen Motiven der Gründung der Polizei:
Origins of the police – David Whitehouse 

 


Kurze Geschichte der Polizei

Posted: Oktober 27th, 2020 | Author: | Filed under: Polizei & Nazis | Tags: , , , , , | No Comments »
Das Konzept Polizei im heutigen Sinne ist nicht mal 200 Jahre alt. Dabei beziehen sich die Daten im Zeitstrahl auf bestimmte Ereignisse zur jeweiligen Gründung der ersten Polizeien. Danach breitete sich das Konzept nach und nach in den Ländern aus.
 
 
Um die Entstehung von Polizei zu verstehen, muss 1 die Entwicklung des Kapitalismus (⚠️verkürzt!!!) betrachten. Der Amerika-Handel, Versklavung von Menschen und Ausbeutung von Gold, Silber und Rohstoffen führte zur Bildung einer immer reicheren Bourgeoisie. Diese entfernte sich immer mehr von der Arbeiterklasse und war immer weniger bereit ihren Reichtum zu teilen. Verständlicherweise wuchs dagegen Widerstand. Es gab zwar noch keine Cops, aber immer öfter mussten die Reichen Gewalt anwenden, um die Armen zu kontrollieren. Dazu wurde immer wieder die Armee hinzugezogen. Problem: Die Armee ist nicht in Aufstandsbekämpfung spezialisiert, sondern im Töten. Tote werden zu Märtyrern ihrer Bewegungen. Das stachelt den Widerstand noch weiter an. Und genau das passiert…
 
Nach der franz. Revolution war die Angst in England groß vor einer englischen Revolution. Öffentliche Versammlungen werden auf 50 Menschen begrenzt. Trotzdem organisieren Menschen immer größere Protest-Kundgebungen. So wie 1819 in Manchester. Soldaten wurden daraufhin in eine Menge von 80.000 Menschen geschickt, wobei Hunderte von Menschen verletzt und elf Menschen getötet werden. Das Peterloo-Massaker löste eine Welle von Streiks und Protesten aus. 
 
Immer größere wirtschaftliche Ungleichheit, immer mehr Arme in den immer größeren Städten – die Herrschenden brauchen neue Institutionen, um diese Lage unter Kontrolle zu bekommen. 1829, 10 Jahre nach Peterloo wird mit dem Metropolitan Police Act die London Police gegründet. Die neue Behörde wird speziell entwickelt, um Menschenmengen „nicht tödliche Gewalt“ zuzufügen, um sie zu spalten, während die Schaffung von Märtyrern vermieden wird. 
 
Klar, dass eine Organisation, die routinemäßig Gewalt anwendet, immer wieder Menschen tötet. Aber für jeden Polizeimord gibt es Hunderte oder Tausende Fälle von Polizeigewalt, nicht tödlich sind – berechnet und kalibriert, um Einschüchterung hervorzurufen. Wenn die Londoner Polizei nicht zur Kontrolle von Menschenmengen eingesetzt ist, wird sie in die Stadt verteilt, um das tägliche Leben der Armen und der Arbeiterklasse zu überwachen. Das fasst auch die Doppelfunktion der modernen Polizei zusammen. 
 
Schon damals gibt es die verstreute Form der Überwachung und Einschüchterung, die den Namen der Verbrechensbekämpfung trägt. und dann gibt es die konzentrierte Form der Aktivität, um es mit Streiks, Unruhen und größere Demonstrationen aufzunehmen. 
 
Wir halten fest:
in England entsteht die Polizei, Menschenmassen zu kontrollieren und die immer wachsende Ungerechtigkeit der kapitalistischen Herrschaftsordnung zu sichern. Im Gebiet der heutigen USA gehen wir in die Zeit der Revolution, um die Entstehungsgeschichte der Polizei einzuordnen: Vor der Revolution gab es in den englischen Kolonien keine Polizei. Es gab eine selbst organisierte Nachtwache, alles andere wurde untereinander geregelt.
 
Herren – also Menschen mit Besitz – beaufsichtigten ihre Sklaven, Diener und Lehrlinge. Als die Revolution begann, unterstützten die Herrschenden den Protest und förderten die Organisation von Widerstand gegen die britischen Behörden. So entsteht ein sehr effektiver Widerstand durch alle Schichten gegen die Briten mit dem bekannten Erfolg.
 
Festzuhalten ist: die unteren Schichten haben die Drecksarbeit in diesem Konflikt geleistet. Doch als die Briten besiegt waren bauen die Eliten ihre eigene Regierung auf. Und natürlich hatten sie dann genug von aufständischer Organisation. Während nun das entstehen eines Arbeits- und eines Wohnungsmarktes die sozialen Dynamiken und das Leben in Städten veränderte, kamen immer mehr irische Einwanderer in Städte wie New York. Die Iren sind nicht besonders beliebt, da sie als billige Arbeitskräfte bereitstehen. So wohnen in oft Iren und Schwarze in den gleichen Vierteln nebeneinander. Noch bevor es eine richtige Polizei gibt, gibt es racial profiling genau in diesen Vierteln.
 
 
In Vierteln, die von Iren und ehemaligen Sklaven bewohnt werden, gibt es häufiger Patrouillen. Den religiösen und rassistischen Spaltungen liegen wirtschaftliche Ursachen zugrunde. Irische Arbeiter waren im Allgemeinen weniger qualifiziert und verdienten niedrigere Löhne.
 
Gleichzeitig wurden die Jobs in den Werkstätten „entqualifiziert“, um sie mit billigeren Arbeitskräften zu besetzen. So wurden die ansässigen Arbeiter Teil eines echten Arbeitsmarktes, da sie ihre langfristigen Verträge verloren und befanden sich auf der Lohnskala nur 1 Stufe über den irischen Einwanderern. Schwarze Arbeiter waren ein oder zwei weitere Stufen von der irischen Lohnskala entfernt. Im wachsenden NYC entstand eine riesige Konkurrenz. Und so kämpften Gruppen derselben Klasse ihre eigenen Kämpfe, nicht selten gegeneinander. Es kam – super-verkürzt gesagt – zu regelmäßigen Riots unterschiedlicher Gruppen. In der Zeit zwischen 1825-1830 etwa 1 Riot/Monat. Eine für die Herrschenden besonders beeindruckende Riot fand an Neujahr 1828 statt: mehrere tausend „Anglo workers“ randalierten Richtung Broadway, wo die Reichen wohnten. Unterwegs zerstörten sie Geschäfte, zerbrachen Scheiben und griffen Menschen einer African Church an.
 
Als die Menge das City Hotel erreicht, wo die Reichen feiern, blockieren sie die Straße und die Kutschen, die die Damen und Herren nach Hause brachten, wurden blockiert. Daraufhin wurde eine starke Gruppe von Watchmen versammelt, um die Rädelsführer in Gewahrsam zu nehmen. Da kommt es zu einem kurzen „Waffenstillstand“. Dies ermöglicht es der „Watch“, sich über den Kampf klar zu werden, in den sie geraten würden. Währenddessen bewaffnet sich die Menge mehr und mehr. Die „Watch“ tritt zur Seite und lässt die Menge triumphierend passieren. So fand dieses Spektakel des Trotzes der Arbeiterklasse vor den Augen der Familien statt, die New York City regierten. Zeitungen forderten daraufhin eine wesentliche Erweiterung der Watch. Der Aufstand von 1828 – und ein Jahr großer Riots im Jahr 1834 – beschleunigte eine Reihe von schrittweisen Reformen, die schließlich zur Gründung des New Yorker Police Department im Jahr 1845 führten. Die Reformen von 1845 erweiterten die Polizei, professionalisierten sie und zentralisierten sie mit einer militärischeren Befehlskette. Der Dienst wurde auf 24 Stunden erweitert, Polizisten wurde verboten, einen zweiten Job anzunehmen. Die Bezahlung wurde erhöht, und die Polizei erhielt nicht mehr einen Teil der Geldstrafen, die von den Tätern eingezogen wurden.
Das gab mehr Freiheit, Richtlinien und Prioritäten festzulegen – machte die Polizei aber auch empfänglicher für Bedürfnisse der Wirtschaftseliten. In den Südstaaten war die Entstehung der Polizei von anderen Rahmenbedingungen geprägt: Eine der ersten modernen Polizeikräfte der Welt entwickelte sich in Charleston, South Carolina, noch bevor die New Yorker Polizeikräfte voll professionell wurden.
 
Der Vorläufer der Polizei von Charleston war keine Gruppe städtischer Watchmen, sondern Sklavenpatrouillen, die auf dem Land operierten, um entlaufene Sklaven einzufangen und/oder zu bestrafen. /31
In allen Südstaaten durchstreiften vor dem Bürgerkrieg bewaffnete Polizeipatrouillen Tag und Nacht die Landschaft und schüchterten Sklaven ein, terrorisierten und misshandelten sie. /32
Dabei handelte es sich idR um freiwillige weiße Bürger, die ihre eigenen Waffen zur Verfügung stellten. Im Laufe der Zeit wurde das System immer mehr in das Stadtleben eingegliedert. Die weiße Bevölkerung des Südens, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, lebte in ständiger Angst vor Sklavenaufständen – tja, das schlechte Gewissen. 
 
Schwarze auf dem Land wurden ständig überwacht und es gab innerhalb des anstrengenden Arbeitsregimes für Sklaven nur wenige Möglichkeiten, soziale Verbindungen aufzubauen. In Städten, wie Charleston war das anders, wie Weiße häufig verärgert oder alarmiert bemerkten.
 
Long story short: Industrialisierung bringt gewisse Freiheiten für Sklaven, die von ihren Besitzern in die Städte zum Arbeiten vermietet werden. So entstehen schwarze Viertel und eine schwarze Arbeiterklasse.
(Bildquelle: sciway.net/hist/chicora/f…)
 
Nur mal zur Einordnung: 1818 trennten sich mehr als 4.000 freie Schwarze und Sklaven von den gemischten methodistischen Kirchen der Stadt und bauten eine African Methodist Episcopal (AME) -Kirche in Charleston Neck. 
 
Da die Bedingungen in den Städten im Süden also dramatisch freier waren als auf den Plantagen, musste der Staat eingreifen, um die Repressionsarbeit zu erledigen, die die Sklavenmeister normalerweise erledigt hatten.
 
So entwickelt sich in den 1820er Jahren eine „moderne“, von der Stadt geführte Polizei, die sowohl die nächtliche Belästigung der schwarzen Bevölkerung als auch die Bereitschaft zur raschen Mobilisierung zur Kontrolle von Menschenmengen durchführt. 
 
Schwarze, selbst freie Schwarze, die nach einer Ausgangssperre ohne akzeptable Entschuldigung erwischt wurden, wurden über Nacht auf die Wache festgenommen und bekamen bis zu 39 Peitschenhiebe, nachdem ein Richter den Fall am Morgen untersucht hatte. 
 
Diese Praxis geht auf die Kolonialzeit zurück und spiegelte die Methoden der ländlichen Sklavenpatrouillen wider. Wie in New York war der große Unterschied, dass die Garde im wesentliche eine bezahlte Truppe und nicht mehr eine Gruppe von einberufenen Bürgern war. 
 
In den 1830ern ist durch verschiedene rassistisch motivierte Moves der weißen Stadtbevölkerung und der Stadtverwaltung, sowie Reaktionen der schwarzen Gemeinden eine Polizei-Truppe gewachsen, die wesentlich militarisierter und repressiver ist, als die Polizeien im Norden. 
 
Die spezifische Geschichte der Polizeikräfte in den USA war wie auch in England von Stadt zu Stadt unterschiedlich, aber alle konzentrierten sich auf ähnliche institutionelle Lösungen, die irgendwo zwischen New York und Charleston lagen. 
 
Die Natur der Polizei ergibt sich aus der Natur des „Problems“: einer städtischen arbeitenden Bevölkerung, die als Lohnarbeiter und Handwerker eine gewisse wirtschaftliche Autonomie entwickelt hat und so ein selbstbewusstes, kollektives Eigenleben führte.
 
Die Erfahrungen im Süden bestärken lediglich einen Aspekt, der im Norden bereits klar war: Anti-schwarzer Rassismus wurde vom ersten Tag an in die amerikanische Polizeiarbeit eingebaut. Das Selbstverständnis ist geprägt von Sklavenjäger-Mentalität. (Uff!) 
 
Und jetzt endlich zur deutschen Polizei…
 
Aber Moment! Wer mehr und viel detailreicher zur Entstehung von Polizei in UK und USA lernen mag, findet bei David Whitehouses „Origins of Police“ den perfekten Einstieg.
 
Der Begriff Polizei, der vom griechischen polis stammt, ist wesentlich älter, als die Polizei selbst und bezeichnete die staatliche Funktion mit absolutistischer Macht, die Gesellschaft für die Sicherheit und das Wohl der Untertanen zu ordnen. So ensteht eine Idee von Polizei auf der ganzen Breite des gesellschaftlichen Lebens: den Willen des Herrschers (sprich: Kaisers) durchzusetzen, statt aus eher speziellen Einsatzzwecken, wie in UK und USA. Das Treiben auf den Märkten, Baurecht, Sitte sollen geregelt werden – gleichzeitig setzt sich das Verständnis vom Stellvertreter des Kaisers fest. Nach den Napoleonischen Kriegen entstehen nach französischen Vorbild Gendarmerien, auch um Räuberbanden im verwüsteten Land in den Griff zu bekommen. Die erste Gendarmerie entsteht 1808 in Lippe. Mit dem Frieden nehmen die Bandenaktivitäten ab, die Gendarmerien können das als ihren Erfolg verbuchen. Und so werden in den folgenden Jahren überall Pranger und Schafott endgültig durch das neue System der Polizeien und den angeschlossenen Gefängnissen verdrängt. 
 
Die Polizeien vernetzen sich mehr und mehr und es entsteht eine neue Struktur staatlicher Gewalt. Auch in Deutschland dient diese dazu, revolutionäre Widerstände gegen die immer ausbeuterischen Ausmaße des Kapitalismus‘ zu brechen. Laut des Historiker Alf Lübke erzeugt dieses Netzwerk eine tiefsitzende Untertanenhaltung, die so nachhaltig ist, dass sie so gar den scheiternden Widerstand gegen den Nationalsozialismus beeinflusste. Who knows…
 
Die Zahl der Verbrechen beeinflusst die neue Behörde allerdings nicht. Besonders Eigentumsdelikte nahmen immer weiter zu. Auch Gewaltdelikte stiegen während der 1830er Jahre immer weiter an. Aber an vielen Orten ist die Polizei schlecht ausgestattet. Das ändert sich im Kaiserreich. Polizisten verdienen das Doppelte eines Arbeiters und sorgen für Ordnung und die Durchsetzung von gesellschaftlichen Normen nach dem Selbstverständnis des Kaiser-Stellvertreters.* 
 
*Benutze für diese Zeit bewusst nur die beschreibende männliche Form, da es keine weiblichen Polizisten gibt. Gesellschaftliche Normen und so. @bini_adamczak würde das wohl anders handlen. (Lest ihr Buch „Kommunismus“ – schöner kann eine nicht gendern!) 
 
Dabei sind die Aufgaben der Polizei auch absolutistisch politisch: sie hat dafür zu sorgen, dass Demonstrationen nicht geschehen oder nicht ausufern konnten. Die meisten Polizisten hatten militärische Lebensläufe. Die Polizei hat ein unnahbares Verhältnis zur Bevölkerung. 
 
Mit der Bevölkerungsexplosion durch die Industrialisierung und Konflikte des Dreiklassenwahlrechts wächst auch die Stärke der Polizei immer weiter an. Es entstehen Steckbriefsammlung und systematische „kriminalistische Arbeit“ – und so auch Stigmatisierung bestimmter Gruppen. 
 
In der Zeit nach 1848 wird außerdem mit der reaktionären Motivation eine weitere Revolution mit allen Mitteln zu verhindern, die Überwachungskapazitäten der Polizeien im deutschsprachigen Raum ausgebaut. Abhören, Briefe öffnen, zentrale Register errichten, uvm.
 
Eine Kriminalpolizei, die eng mit der politischen Abteilung zusammenarbeitet, wird bei der Berliner Polizei aufgebaut. Techniken wie absichtliche Provokation, Bestechung, Betrug, Diebstahl, Fälschungen und Meineide, um politische „Gegner“ gehörten dort zum Handwerkszeug. Ein guter Augenblick um einmal kurz Inne zu halten: die DNA der deutschen Polizei ist absolute Autorität und die Verfolgung aller, die den reaktionären Staat in Frage stellen mit allen Mitteln. Wüsste gerne mal, wie die Geschichte in deutschen Polizeischulen erzählt wird. 
 
Die Korruption oder das #Polizeiproblem des 19. Jahrhunderts wird nicht selten öffentlich. Doch trotzdem wird nicht viel gegen diese Probleme unternommen. Dabei spielt die Unterstützung und das Verständnis aus bürgerlichen Kreisen eine entscheidende Rolle. Unter Beifall des Bürgertums, wird 1870 der Streifendienst eingeführt und die Polizei erhält immer weitere Befugnisse (Polizeihaft). Bedenken gibt es kaum – trotz Willkür und häufigen Gesetzeswidrigkeiten, mit der die Polizei andere Bevölkerungsgruppen behandelt. Opfer der Polizei waren Katholiken (–> Kulturkampf), Linke („Sozialisten“), Arbeiter, Menschen aus der Unterschicht, Obdachlose, ethnische Minderheiten wie Polen oder Sinti*ze und Rom*nja – und Frauen, die unter dem Vorwand der Sicherheit von Polizei gegängelt werden. 
 

Next stop: 1. Weltkrieg.

1914-18 sind auch viele Polizisten als Soldaten in den Schützengräben. In den politischen Auseinandersetzungen nach dem Krieg ist die Polizei überfordert.

Militär <-> Polizei
Polizei <-> Militär

(Mehr hier)

Die Folgen sind brutal und nachhaltig…
Image
Mit dem rechten Auge ebnet die Polizei den Nazis den Weg, aber jetzt soll das dunkelste Kapitel der deutschen Polizei erst anfangen. Auch wenn es wenige Hinweise auf Nazi-Zellen in der Polizei vor 1933 gibt, spricht Hitler vielen Cops aus der Seele.
 
Die Polizei ist mittendrin statt nur dabei, wenn es besonders in den frühen Jahren des NS-Reiches darum geht, allen Widerstand brutal auszuräumen. Als ‘Feinde der Volksgemeinschaft’ bezeichnete Minderheiten wurden von den Nazis eingeschüchtert oder ausgeschaltet. Dabei war die Polizei ein ebenso unentbehrlicher wie williger Helfer. Das wird während der Novemberprogrome 1938 besonders gut sichtbar und den Betroffenen zum Verhängnis. In den Progromnächten sperren Cops die Straßen und sorgen dafür, dass die Übergriffe stattfinden können.
 
Die Polizei hält Mitglieder jüdischer Gemeinden vom Löschen ihrer Gotteshäuser ab und mischen auch bei den Verwüstungen mit, wie Fotos aus den Nächten belegen. Eine besonders vollständige Fotoserie (wahrscheinlich aus Fürth) findet sich hier.
 
https://twitter.com/ElishevaAvital/status/1060914915588915200
 

Vielerorts nahm die Polizei noch in den Pogromnächten jüdische Menschen in „Schutzhaft“.

Fazit: Ohne die Polizei wären die Pogrome anders verlaufen.

Und auch das ist bloß ein Anfang…

Polizeiregimenter sind bei der Einrichtung der ersten KZ gleichwertig mit SA und später SS beteiligt und stellen Wachmannschaften und Logistik. Und sie fahren an die Ostfront, massenmorden hinter den Linien der Wehrmacht.

Nach dem Krieg gehen alle Cops vom Fronteinsatz zurück in den Regeldienst. Die wenigsten müssen sich jemals für ihre Verbrechen verantworten. Übrigens ebenso niemand für Verbrechen der Weimarer Morde der Polizei. 

Und wer behauptet, die moderne Polizei habe mit dem NS-Staat aber doch gar nichts zu tun: die Mörder waren die Ausbilder der heutigen Ausbilder. Praktiken vergangener Zeiten blieben, wie struktureller Anziganismus uvm.

(Kontext dazu hier ab 9:20)

Aber noch ein Disclaimer: meine Recherchen sind work-in-progress, werden sie immer sein. Die Geschichte der Polizei – insbesondere der deutschen – ist ein ziemliches Dunkelfeld. Wenn ihr was wisst, ergänzt bitte und gebt Hinweise! DANKE fürs Lesen!

Düsseldorf: Eingriff ins Versammlungsrecht

Posted: Juni 13th, 2020 | Author: | Filed under: Menschen mit Meinungen | Tags: , , | No Comments »

Am Rande einer Corona-Verschwörungsdemo in Düsseldorf kommt es beim Zugang zur Gegendemo zu den üblichen Problemen.


Drei Schritte zur Abschaffung der Polizei

Posted: Januar 30th, 2020 | Author: | Filed under: Welt Ohne Polizei | Tags: , , , | No Comments »

Polizei abschaffen

Die Initiative A World Without Police schlägt eine Strategie hin zur Abschaffung der Polizei vor, bestehend aus den drei Schritten: Entmachten, Entwaffnen, Auflösen. Diese sind gleichzeitig und überlappend zu denken. So lassen sich auch die meisten Initiativen sich nicht genau einem Schritt, sondern manchmal allen dreien zuordnen. 

Dieser Text ist aus dem Beitrag Sicherheit für alle! Praktische Schritte hin zu einer Stadt ohne Polizei [pdf] (aus: Stadt für Alle, erschienen im Mandelbaum Verlag) von der Initiative „Kieberei, Was geht?- Initiative gegen Polizei auf unseren Strassen“ aus Wien.

Entmachten.

Entmachten bedeutet weniger Macht für die Polizei, mehr Macht für uns. Dieser Teil der Strategie baut auf tragfähigen Beziehungen in den Vierteln und Nachbarschaften, auf deren Basis soziale Probleme gelöst werden können. Das bedeutet erstens, nicht die Polizei zu rufen, sondern Kommunikationswege zu entwickeln, um einander im Notfall zu helfen, und zu lernen, wie Konflikte gelöst werden können und sie selbst zu lösen. Zweitens braucht es Kampforganisationen gegen Polizeigewalt, so A World Without Police: Das können Gruppen sein, die die Polizei überwachen. Das sind auch alle möglichen Initiativen im Stadtteil, die sich gegen die zunehmende Ausweitung von Polizeimacht wehren und auf Polizeigewalt und Schikanen reagieren. Schließlich können wir polizeifreie Zonen in unseren Nachbar_innenschaften etablieren, indem wir öffentlichen Raum beanspruchen, in dem wir alternative Modelle zur Polizei einsetzen. Ganz konkrete Vorschläge von A World Without Police zum Entmachten der Kieberei sind: Telefonnetzwerke ermöglichen ein Schnellalarmsystem, mit dem Unterstützung in Fällen von Polizeigewalt organisiert werden kann. Miteinander Konfliktbearbeitung zu lernen kann helfen, Streitereien oder Probleme im Grätzel zu lösen, ohne dass die Polizei involviert wird. Eine Kampagne kann die Leute im Viertel ermutigen, nicht mit der Polizei zu sprechen, wenn diese im Grätzel unterwegs ist und dazu auffordert, die Nachbar_innen auszuspionieren. Cop-watch-Initiativen können in (rassistische) Polizeikontrollen und -schikanen intervenieren und Bewusstsein dafür schaffen, keine_n mit der Polizei allein zu lassen und sich stattdessen solidarisch zu zeigen.

Zudem braucht es Kampagnen gegen Polizeirepression. Es braucht queer_feministische Gruppen gegen sexistische und queer_/transfeindliche Übergriffe und solche zur Verteidigung gegen häusliche Gewalt und sexualisierte Gewalt. Und es braucht Gruppen, die Betroffene gegen Zwangsräumungen im Viertel unterstützen. Die Polizei zu entmachten, bedeutet auch, den Bau von Polizeistationen und anderer Polizei-Infrastruktur zu verhindern, Polizei aus den Schulen, Parks, Wohnbauten, Kindergärten und Lokalen im Viertel herauszubekommen und herauszuhalten und Polizei-Recruiting-Kampagnen zu diskreditieren. Es bedeutet, sich in der Arbeit zu weigern, für und mit Cops zu arbeiten. Entmachten meint ferner eine militante Protestkultur zu unterstützen, um Festnahmen auf den Straßen und auf Demos zu verhindern, und es bedeutet, von der eigenen Stammkneipe zu verlangen, sich solidarisch mit jenen zu zeigen, die vor der Lokaltür von Cops schikaniert werden.

Entwaffnen.

Die zweite Stufe, Entwaffnen, beschreibt A World Without Police so: Die Polizei ist nicht nur mit physischen Waffen ausgestattet, sondern Technologien der Überwachung und Kontrolle gehören ebenfalls dazu. Sie und alle anderen Instrumente der Repression gehören abgeschafft. Wie kann das im eigenen Grätzel gehen? In Chicago protestieren derzeit Stadtbewohner_innen im Rahmen der Kampagne No Cop Academy gegen eine neue Polizeiakademie und setzen sich für eine bessere Infrastruktur im Viertel ein. Ein weiterer konkreter Vorschlag ist, gegen Budget-Erhöhungen für die Polizei zu protestieren, gegen die Zusammenarbeit von Militär, Polizei und privatem Sicherheitssektor zu demonstrieren.

Ebenso bedeutet Entwaffnen aber, sicher miteinander zu kommunizieren (etwa Mails zu verschlüsseln), Social Media Kanäle der Polizei nicht zu bespielen oder zu verbreiten und Zivilcops zu enttarnen.

Abschaffen.

Die dritte Stufe ist Auflösen: Die Idee von Gesellschaften oder Städten ohne Polizeien ist alles andere als neu. Gemein ist den Modellen, dass sie versuchen, staatliche Machtausübung so weit als möglich einzuschränken und stattdessen kollektiv Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, sich mit Definitionen von Kriminalität, Konflikt, Bestrafung, Gerechtigkeit und Sicherheit auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie die Begriffe und damit verbundenen Systeme eingesetzt werden, um Herrschaftsverhältnisse aufrecht zu erhalten. Ein wesentlicher Punkt ist die Auseinandersetzung mit der Frage, wessen Sicherheit zählt (vgl. El-Tayeb 2016). Dazu gehören Überlegungen, welche Praktiken kriminalisiert werden und wie Schaden und Verletzungen durch Verantwortungsübernahme wieder gutgemacht werden können.


Verdacht der Strafvereitelung in Thüringen

Posted: Dezember 28th, 2019 | Author: | Filed under: Polizeigewalt | Tags: , , , | No Comments »

Polizei Thüringen

Verdacht der Strafvereitelung in Thüringen: Behördensprecher Dirk Germerodt sagte, es bestehe der Verdacht, dass der Vergewaltigung verdächtige Polizisten vorab aus der Polizei heraus gewarnt wurden.

https://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/arnstadt-ilmkreis/vergewaltigungsvorwurf-polizei-arnstadt-strafvereitelung-100.html


Lektüre zwischen den Jahren I: Alles verändern, ein anarchistischer Aufruf

Posted: Dezember 28th, 2019 | Author: | Filed under: Welt Ohne Polizei | Tags: , , , , , | No Comments »

Ein „Manifest“, der dazu aufruft und animiert selbst aktiv zu werdenfindet sich auf der CrimesthInc-Unterseite To Change Everything. In 30 Sprachen wird klar, warum es nicht reicht, ein in sich korruptes System an einzelnen Schwerpunkten zu „korrigieren“, sondern ganzheitliche Veränderung nötig und für alle möglich ist. Darin spielt natürlich auch die von der Polizei ausgehenden Probleme eine Rolle.

Kann mensch auf Grund seiner Kürze und Praxisnähe wunderbar in den freien Tagen um keinMachten und Neujahr lesen.

Problem ist Kontrolle

Das Problem ist Kontrolle.

 

Das Problem heißt Hierarchie.

Hier geht’s zur englischen Fassung.


Polizei-Repression gegen Menschen bei #keinMachten beteiligen

Posted: Dezember 23rd, 2019 | Author: | Filed under: Menschen mit Meinungen | Tags: , , , , | No Comments »

In Bochum haben Menschen am 23.12. unter #keinMachten ein Einkaufszentrum blockiert.

Die Polizei ging bei der Räumung äußerst aggressiv vor und setzte sich dabei in mehreren Fällen über geltendes Gesetz hinweg. Mehrfach wurde bei Beseitigen der Blockaden das Gebot des mildesten Mittel und der Verhältnismäßigkeit missachtet.

Den Menschen wurde nach Festnahme nicht unverzüglich die Möglichkeit gegeben, eine Person ihres Vertrauens zu kontaktieren – so sieht es das Polizei Gesetz NRW eigentlich vor.

Hier die Statements zur Aktion:

https://de.indymedia.org/node/55188

https://de.indymedia.org/node/55197

https://de.indymedia.org/node/55198

Alles aktuelle zur Aktion auf Twitter.

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