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Kevin Kühnert zu G20: Die Zeit ist ein bisschen drüber hinweg gegangen

Posted: August 26th, 2020 | Author: | Filed under: In der Politik | Tags: , , , | No Comments »

Lanz: Sie waren damals bei G20?

Kühnert: Nicht bei den Krawallen auf der Elbchausee, aber bei den Demonstrationen, die ein relevantes politisches Anliegen hatten, nämlich für ‘nen anderen globalen Handel und ‘ne andere Gestaltung von Entscheidungsprozessen.

Lanz: Genau. Hat Scholz Recht? Gab es keine Polizeigewalt?

Kühnert: Ich finde es ziemlich offensichtlich, dass es damals, ähm, natürlich auch, also: Es ist die Aufgabe von Polizei, äh, sie ist Inhaber der Staatsgewalt sozusagen an der Stelle. 

Lanz unterbricht.

Lanz: Wie wäre der Satz jetzt weitergegangen an der Stelle? Dass es damals…”

Kühnert: Hm?

Lanz: Sie haben gerade den Satz angefangen, “Ich find es offensichtlich…”

Kühnert: Ja, und dann bin ich abgebogen und hab den Satz anders zu Ende gebracht.

Lanz: Warum sind Sie abgebogen?

Kühnert: Weil ich natürlich weiß, wie aus sowas auch Schlagzeilen gemacht werden. Da bin ich ein gebranntes Kind an der Stelle. Und mir geht es ja darum, den Punkt zu machen…

Lanz unterbricht ihn.

Lanz: Aber Sie wollten sagen, “Natürlich ist es relativ offensichtlich, dass es damals auch Polizei…”

Jetzt unterbricht Kühnert.

Kühnert: Ich wollte das sagen, was ich gesagt habe.

Lanz lacht ihn aus. Kühnert schmunzelt.

Alexander: War der Einsatz verhältnismäßig oder nicht?

Lanz: So!

Kühnert: Das find ich schwierig, zu beurteilen. Weil es…

Lanz…

Lanz: Aber Sie waren doch dabei!?

Kühnert: Naja, Sie wissen, es hat in Hamburg stattgefunden. Hamburg ist eine große Stadt. Und man kann nicht…

Lanz unterbricht wieder.

Lanz: Da wo Sie waren, war da der Einsatz verhältnismäßig?

Kevin: Nein, nein, nein! Es geht um einen anderen Punkt. Wir alle – das kann man sich ja ankucken – haben die Bilder davon gesehen. Und natürlich gab es da auch sehr brutale Einsätze. Die Frage ist jetzt am Ende immer, wenn man sich das dann ankuckt und bewertet, kennt man häufig nicht den Kontext. Wir wissen auch aus den Berichten danach, es war natürlich auch für viele Beamte eine Hochstress-Situation. Die Personalausstattung war sehr niedrig. Es gab Leute, die haben kaum zwischendurch mal und wenn dann auf dem nackten Boden schlafen müssen zwischendurch. Ich finde es manchmal ein bisschen hochnäsig und wohlfeil, dann aus der Außenperspektive zu sagen, “Ich weiß ganz genau, das ist eine indiskutable Polizeitaktik gewesen.” Dass das viel brutaler an vielen Stellen war, auch was die Masse an Einsatz von Pfefferspray und ähnlichen angeht, als ich es, als regelmäßiger Demogänger anderswo erlebt habe, ist eine Offensichtlichkeit. Daraus kann ich aber noch keine…ich bin nicht in der Position, eine Polizeitaktik abschließend zu bewerten. Natürlich hat es Gewaltexzesse noch und nöcher in diesen Tagen in Hamburg gegeben.

Lanz: Auch von Seiten der Polizei?

Kühnert: Erstmal von Seiten marodierender Gruppen, die durch die Stadt gelaufen sind und die ja auch eine Schneise der Verwüstung…ich meine, es ist der mit Abstand kleinste zahlenmäßige Teil der Demonstrierenden gewesen und leider der, auf den sich am Ende alles fokussiert hat. Es gab Angst in der Stadtgesellschaft, weil die Leute gesehen haben, die ziehen hier durch unsere Straßen und es ist keiner da.

Lanz: Aber Sie haben – mir kommt gerade ein Interview-Fetzen irgendwo hoch – Sie haben irgendwo mal gesagt, “da gab’s natürlich Provokationen von der Polizei”.

Kühnert schaut ganz verwundert.

Kühnert: Da müssten Sie mir jetzt sagen, wo Sie den Interview-Fetzen…

Lanz: Ich hatte das ja nur so im Hinterkopf.

Kühnert: Ja…

Lanz: Sie wollten es ja auch gerade andeuten und insofern.

Kühnert: Ja…

Lanz: Wie finden Sie es denn, wie sich ihre Parteivorsitzende dazu regelmäßig äußert? Ich nehm das natürlich sofort zurück, wenn Sie das nicht gesagt haben, aber Frau Esken macht das ja. Sie hat ja im Grunde eine ziemlich seltsame Debatte genau mit ihren Tweets angestoßen. Also: die Linie rassistischer Polizeigewalt in den USA nach Deutschland^, die wurde aber sehr schnell gezogen. Das fand ich irgendwie schwierig.

Na, sie hat die Linie wesentlich differenzierter gezogen, als sie am Ende gemacht wurde. Natürlich müssen alle von uns immer reflektieren, ob wir unsere Punkte so richtig gesetzt haben. Aber in einer demokratisch gesinnten Gesellschaft – wir haben vorhin besprochen was in Russland mit Oppositionellen passiert, ist es ein Wert an sich, dass es freie auch kritische Demonstrationen gibt… Lanz versucht, zu unterbrechen

Kühnert weiter …nein, es ist wichtig, an dieser Stelle auszuholen. Und natürlich ist es absolut Aufgabe von demokratisch gewählten Politikerinnen und Politikern, aufmerksam dafür Sorge zu tragen, dass diese Demonstrationen auf beiden Seiten in einem geordneten Rahmen ablaufen. Und es ist auch keine Majestätsbeleidigung für irgendeine Behörde, wenn es hier und dort hinterfragt wird. Staatsgewalt muss sich immer, das ist ihr immanent, auch rechtfertigen und darlegen, inwieweit sie die festgelegten Standards einhält. Ich glaube, dass das – und das hat Saskia Esken auch nie anders gesagt – bei der übergroßen Zahl derjenigen, die Dienst haben in diesen Sicherheitsbereichen gewährleistet ist. Aber ich muss eben auch – und es ging ja um sowas wie Racial Profiling, was es ja formal, da hat uns ja Herr Seehofer dran erinnert, verboten ist, weshalb er zu dem Schluss kam, deswegen müssen wir das auch nicht erforschen, weil was nicht sein darf, kann ja auch nicht sein. Und natürlich muss ich aber zur Kenntnis nehmen, wenn ich mit Menschen in meinem Freundeskreis spreche, die nicht so kartoffelweiß sind, wie ich das bin, dass die innerhalb eines Monats manchmal so häufig auf der Straße nach ihrem Ausweis gefragt werden, wie mir das in meinem Leben noch nicht passiert ist. Und es ist völlig legitim, das politisch zu thematisieren, ohne eine Schuldzuweisung an eine bestimmte Person vorzunehmen, und zu sagen eine offene egalitäre Gesellschaft muss aushalten, dass ein solchen Umstand geredet wird und wir auch kucken, wie das verbessert werden kann. Das ist nicht anrüchig. 

Lanz zu Alexander: Kurzer Schlusssatz? 

Alexander: Ich finde, da liegt noch viel drin. Weil ich weiß noch, als Olaf Scholz Innenminister in Hamburg war. Das war gar nicht so lange. Nur ein paar Monate. Da stand er für eine betont harte Linie gegen das Hamburger Drogenproblem. Und damals hat ihm die Linke sehr übel genommen, dass er durchgesetzt hat, dass Dealern, die die Ware runterschlucken, dass sie nicht gefunden wird, Brechmittel verabreicht wird, dass sie wieder rauskommt. Und das wär auch etwas. ich weiß nicht, wie Olaf Scholz dazu heute steht. Ich habe nie gehört, dass er sich davon distanziert hat, aber da würde ich, glaube ich, gerne die Meinung von Frau Esken zu hören und wenn ich drüber spreche, eigentlich auch ihre. an Kühnert

Lanz: Ich hab übrigens gerade – Kollegen aus der Regie sagen mir das gerade nochmal – es gab ein Vorgespräch für die Sendung, in dem sie das so thematisiert haben. Und daher hab ich das auch. Das Zitat ist: “Ich hab mich damals maßlos darüber geärgert, dass es keine Polizeigewalt gegeben hätte beim G20-Gipfel.” das ist das Zitat von Ihnen 

Kühnert: Naja. Das ist ja auch korrekt so dargelegt. Die Frage ist jetzt – also ich finde kann ja festhalten, dass natürlich Gewalt ausgeübt wurde. Es gibt ein Gewaltmonopol seitens des Staates in unserer Gesellschaft. Die interessante politische Frage ist ja dann am Ende, und da hätten mich dann die Argumente interessiert, gerade von jemandem, der politisch VErantwortung hat an führender Stelle, ob man das als dann gerechtfertigt erachtet, aus bestimmten Lageberichten usw, wie sie sich darstellen. Die kann ich nicht einsehen, die hatten wir alle damals nicht vorliegen. Das wäre der spannende Teil der Debatte, ähm, gewesen. Nun ist es einige Jahre her und die Zeit ist ein bisschen drüber hinweg gegangen.


Nach Silvester in Connewitz: Geschädigte sollen sich melden

Posted: Januar 12th, 2020 | Author: | Filed under: Polizeigewalt | Tags: , , | No Comments »
Polizeigewalt

Polizeigewalt Symbolbild

Alle, die in Connewitz Opfer von Polizeigewalt geworden sind, sollen sich melden. Betroffene sollten sich gut überlegen, ob sie das machen möchten. Selbst wer glaubt, eindeutige Beweise zu haben, sollte vorher mit einem Anwalt prüfen, ob es lohnt, die Staatsanwaltschaft zu informieren. 

Neutrale Ermittlungen? Nicht zu erwarten.

Viele sagen, wenn sich niemand melde, werde Polizeigewalt weiterhin nicht ernst genommen. Menschen müssten ihren Mund aufmachen. Schließlich gäbe es Demokratie nicht zum Nulltarif. Doch haben Menschen, die Polizeigewalt erfahren haben ihren Beitrag nicht bereits geleistet? Und überhaupt, warum sollte sich mensch einem Verfahren aussetzen, dessen Folgen unberechenbar sind? 

Betroffenen die Verantwortung dafür aufzubürden Missstände abzustellen, ist wohl einer der Schwachpunkte, der bundesrepublikanischen Demokratie, denn es gibt keine neutrale Stelle zur Aufklärung von Polizeivergehen, von proaktiven Strukturen oder Maßnahmen mal ganz abgesehen.

Es gibt genug mutige Menschen, die ihre Erfahrungen von Polizeigewalt zur Anzeige gebracht haben. Die Ergebnisse dieser Anzeigen sprechen eine klare Sprache: Systemfehler. In den meisten Fällen erhält diejenigen die Polizeigewalt zur Anzeige bringen, postwendend eine Gegenanzeige und müssen den Verdacht ausräumen, selbst gewalttätig gewesen zu sein.

Häufig werden Ermittlungen gegen Polizeibeamte eingestellt. Der Vorwurf gegen die Opfer bleiben bestehen. Wird ein Verfahren nicht eingestellt, wiegt die Aussage einer Polizistin vor Gericht schwerer, als die einer Zivilistin.

Anna und Anton schreiben ein Gedächtnisprotokoll

Wenn du Opfer von Polizeigewalt sein, sorge dafür, dass du alle Beweise gut sicherst. Dazu gehört auch deine Erinnerung.

  1. Schreibe in jedem Fall ein Gedächtnisprotokoll und verwahre es an einem sicheren Ort. 
  2. Bewahre Fotos und Videos an mindestens zwei sicheren Orten auf
  3. Verständige Rechtshilfe- bzw. Anti-Repressionsstrukturen bei dir vor Ort

Bitte sichert alle Beweise und Protokolle. Polizei und auch Staatsanwaltschaft werden Mittel und Wege finden. Hier ein Beispiel aus Leipzig im Anschluss an den erfolglosen Aufruf. Auch „Grundprinzipien des demokratischen Staates“ geraten dann ins Wanken.